"Kirchen sind u.a. Einrichtung zur Normierung des Glaubens."
(Christoph Müller)
Anmerkungen:
Mit Kirchen ist gemeint: katholische Kirche, evangelische Kirche usw.
Ich beobachte, dass sich Menschen in unserer Gesellschaft insbesondere dann freimütig über ihren Glauben äußern, wenn dies ein Unglaube ist. Das heißt, Atheisten haben keine Hemmungen, sich entsprechend kundzutun. Das ist für mich auch in Ordnung so. Am Atheismus gibt es nichts zu normieren; Leere ist einfach Leere - ohne Unterscheidung. Beim Glauben sieht das schon anders aus. Der Glaube ist eine sehr persönliche Sache. Anscheinend ist das schon so intim, dass dieser Glaube selten thematisiert wird; vermutlich braucht es dazu einen "geschützten Rahmen". Die Kirche kann diesen geschützten Rahmen zwar bereitstellen, das wird aber immer seltener in Anspruch genommen. Anlässe zur Inanspruchnahme der Kirche sind z.B. Taufe, Konfirmation, Hochzeiten und Beerdigungen. Das ist relativ wenig, um Formulierungen zum eigenen Glauben zu pflegen. In Konsequenz verkümmert die Glaubensidentität.
Zum Thema "Normierung": Ich verstehe mich als Individualist, daher sträube ich mich eher gegen Normierung. Auf der anderen Seite sehe ich aber auch Chancen. Wenn man einen normierten Glauben als gemeinsamen Nenner ansieht, birgt er die Chance, ihn mit anderen teilen zu können. Das kann das Thema "Glauben" wieder ans Tageslicht holen. Das heißt, dass Dinge, die uns nahe gehen, aus der Verdrängung in den Bearbeitungsmodus zurückgeholt werden.
Jetzt komme ich nochmal auf die Atheisten zurück, zunächst ein Spruch dazu: "Atheisten: Leute, die einen Glauben, den sie nicht haben, glühend verteidigen." (Ron Kritzfeld)
Das ist jetzt aber die Frage, was häufiger zu beobachten ist: Atheisten, die sich verteidigen, weil sie von Gläubigen angegriffen werden, oder Gläubige, die von Atheisten abfällig kommentiert werden, z.B. wie sie denn diesen Unfug glauben können. Die Antwort ist auf der Welt sicherlich unterschiedlich ausgeprägt.
Selbstbewusstsein heißt für mich, selten die Notwendigkeit zu verspüren, etwas zu verteidigen. In der Praxis zeigt sich das, indem ich Kritik an Glauben und Kirche interessiert zur Kenntnis nehme und ggf. auch als gerechtfertigt bestätige - Punkt. In Erwägung ziehe ich maximal Fragen wie: "Worin besteht der Schaden, den ich persönlich mit meiner Vorgehensweise anrichte?"